Diesen Satz habe ich schon oft gehört. Leider kommt dann meist der Nachsatz, dass das Pferd dann eingeschläfert werden musste. Ich möchte heute eine Erfahrung teilen, die mir in dieser Art in vielen Jahren meiner Tätigkeit noch nicht begegnet war.
Es geht um einen etwas älteren Araberwallach, der normalerweise noch recht bewegungsfreudig und fit ist, der aber wohl schon viele Stunden in seiner Box gelegen hatte und nicht mehr aufstehen konnte.
Der Wallach hatte immer wieder versucht, sich halb aufzurichten, um dann zurück auf die Seite zu kippen und flachzuliegen. Als Erstes stand natürlich der Verdacht auf Kolik im Raum, und das Pferd sollte nach Möglichkeit aufstehen, aber es hatte sich offensichtlich bereits aufgegeben.
Dank guter und schneller Behandlung mit Akupunktur, Kreislauf- und Kolikmitteln bekam der Wallach neuen Mut, das Aufstehen zu probieren. Beim ersten Versuch fiel er nach hinten, und es wurde klar, dass man sich in seiner Nähe nicht aufhalten durfte, weil er seine Bewegungen nicht koordinieren konnte.
Allein seine Lage war sehr ungewöhnlich: Die Vorderbeine wie verschränkt, die unten liegenden Beine unter den Körper geschoben, der Verdacht, dass er sich etwas gebrochen haben könnte… – alles sehr komisch.
Die folgenden Aufstehversuche waren hochdramatisch, weil er mehrmals beim Versuch sich hochzuhieven nach rechts gegen die Wand donnerte, dann mit Kopf und Hals in die Ecke krachte, mit dem Kopf am Lecksteinhalter hängen blieb und es dann doch irgendwie geschafft hat, angelehnt stehen zu bleiben.
Ihm war sein Unwohlsein deutlich anzumerken, er hatte noch im Liegen geäppelt und gleich nachdem er wieder stehen konnte, kamen zwei große Kothaufen kurz nacheinander – er hatte anscheinend wirklich schon lange gelegen. Nach ein paar Minuten ging es ihm wieder richtig gut.
Bei genauerem Betrachten waren seine Beine in Ordnung und mir war klar: Ihm war einfach die untere Körperseite eingeschlafen. Dieses Thema habe ich so noch nirgends gefunden und ich kann mir vorstellen, dass es durchaus häufiger vorkommt und das betreffende Pferd nicht mehr die Kraft hat, sich irgendwie fallenderweise hochzustemmen.
Eine ähnliche Situation ergab sich einige Monate später: er war beim Reiten am Morgen putzmunter, hat sich dann zum Ausruhen hingelegt und anscheinend einfach zu lange geschlafen.
Es fiel auf, dass er sich öfters aufgerichtet, aber sich dann immer wieder stöhnend auf die Seite gelegt hat. Es war das gleiche Bild, aber mit meinen Vorerfahrungen war es für mich relativ einfach, ihm zu helfen – ich habe ihm lediglich sein rechtes Vorderbein beim nächsten Aufsetzen in die richtige Position gezogen und aufrecht gestellt, sodass er vorne zwei Beine als Stütze hatte. Damit war es ihm möglich, sich hochzustemmen und mit den Vorderbeinen auch stehenzubleiben.
Mit dem Schütteln des rechten Vorderbeines hat er angezeigt, dass das einschießende Blut wohl sehr unangenehm war und minutenlanges Flehmen begleiteten den Prozess.
Wenn man diese Problematik nicht erkennt, kann es durchaus sein, dass man gerade bei älteren Pferden unter Umständen kapituliert und der Meinung ist, dass es das jetzt war.
Oft ist der Versuch eines Aufrichtens durchaus lohnenswert, wobei der Selbstschutz immer an erster Stelle stehen muss. Es gibt auch Krankheitsphasen, in denen ein Pferd einfach zu schwach ist, um aufzustehen, aber wenn diese überwunden sind, geht es unter Umständen ohne Probleme wieder. Es kann auch einmal mit Gurten und Hebegerät nachgeholfen werden.
Alte Pferde entwickeln häufig eine ganz eigene Methode des Aufstehens, indem sie Dreh- und Kippmomente für die Phase des Aufspringens als Hilfe ausnutzen und dadurch ihren normalen Rhythmus beibehalten können. Ein Problem, das uns in diesem Zusammenhang immer wieder begegnet, ist die Tatsache, dass die Tiere nicht den passenden Untergrund zur Verfügung haben.
Entweder der Boden ist sehr rutschig, die Einstreu zu dünn oder der Stall durch die Zusammensetzung der Herde einfach ungeeignet für dieses Pferd, sodass es sich nur noch selten hinlegt und dann auch vermehrt Probleme beim Aufstehen hat. Wenn man die Bedingungen verändert und diesen Tieren ein „bequemes Bett“ macht, legen sich auch ältere Pferde wieder regelmäßig hin.
Das Gegenstück dazu ist die erworbene Narkolepsie, die in den letzten Jahren sehr stark zugenommen hat. Wir sehen Pferde mit aufgeschlagenen Fessel- und Karpalgelenken, wobei die Besitzer meist gar nicht wissen, wie es zu diesen Verletzungen kommt. Sie meinen, das Pferd wäre gangunsicher und können auch keine Stelle angeben, an der das Pferd schläft, weil sie ihre Tiere noch nie liegend im Schlaf vorgefunden haben.
Die Verletzungen an den Gelenken entstehen normalerweise nicht durch Stolpern, sondern dadurch, dass diese Pferde sich nicht freiwillig und gezielt zum Schlafen hinlegen und dann einfach vor lauter Übermüdung und Tiefschlafbedürfnis vorne einbrechen.
In dem Moment, wo sie auf ihre Gelenke fallen, rappeln sie sich wieder hoch und stehen weiterhin. Ein Pferd hatte sogar die Technik entwickelt, mit dem Kopf über der Boxwand zu schlafen, damit es rechtzeitig merkt, wenn es zusammensackt und einbricht.
In solchen Fällen sollten bei jedem Pferdebesitzer die Alarmglocken schrillen, und wir Therapeuten müssen die Thematik ansprechen, um eine positive Veränderung für das Pferd zu erreichen.
Ich denke, dass die Probleme mit dem Hinlegen und auch mit dem Einschlafen von Gliedmaßen beim Liegen durch adäquate, weiche, bequeme Einstreu verhindert werden können. Es ist unsere Aufgabe, einfach mit offenen Augen die Ställe und Paddocks der uns vorgestellten Patienten zu inspizieren, die Gesamtheit auf uns wirken zu lassen und Veränderungen der Haltungsbedingungen anzuregen.
Natürlich gibt es viele Krankheitsbilder, akut oder chronisch, die letztlich zu einem Festliegen führen. Mein Anliegen ist es, eine solche banale Ursache wie hier beschrieben tatsächlich als solche zu erkennen und unproblematisch zu lösen.
Anita Ruckriegel
Tierheilpraktikerin
Atropa Akademie